Promotionsprojekt "Elektrophysiologische Korrelate bewusster Wahrnehmung"
Wir suchen eine geeignete Kandidat*in (w/m/d) für eine Promotionstelle, 50% Entgeltgruppe 13 TV-L, befristet für 3 Jahre ab 01.09.2023 zur Mitarbeit in einem Projekt zu den elektrophysiologischen Korrelaten der bewussten Wahrnehmung.
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In der Experimentellen Bewusstseinsforschung wird die Bewusstheit eines visuellen Reizes häufig als globales Maß in einer Alles-oder-Nichts Entscheidung (gesehen vs. nicht-gesehen) oder in einer abgestuften Einschätzung auf einer eindimensionalen Skala untersucht. Solche Ansätze gehen davon aus, dass Bewusstsein – zumindest unter den reduzierten Laborbedingungen solcher Studien – ein eindimensional zu erfassendes Phänomen ist. Studien unserer Arbeitsgruppe zeigen aber, dass auch bei stark reduzierter Stimulation (z.B. bei Metakontrastmaskierung einfacher Stimuli) zu einer reichhaltigen und multidimensionalen Wahrnehmung kommt, die nicht auf ein einfaches Maß reduzierbar ist (Koster et al. 2020). Aufbauend auf unseren früheren Studien zu interindividuellen Unterschieden in der Wahrnehmung maskierter Stimuli (Albrecht et al. 2010, Albrecht & Mattler, 2012, 1016) deutet dies darauf hin, dass eine individuelle Gewichtung verschiedener perzeptueller Prozesse zu qualitativ unterschiedlichen subjektiven Perzepten führt, welche in ihrer Kombination die Reichhaltigkeit der Wahrnehmung bestimmt.
Im Rahmen von zwei mittlerweile abgeschlossenen Dissertationen fanden wir in Zusammenarbeit mit den Doktorand*innen jeweils spezifische elektrophysiologische Korrelate von subjektiv unterschiedlichen Perzepten, die auf identischer Stimulus Präsentation beruhten. Koster (2019) untersuchte ereigniskorrelierte Potentiale (EKPs) auf eine Sequenz von zwei aufeinanderfolgenden visuellen Reizen und fand, dass die Wahrnehmung einer solchen Sequenz als Schein-Rotation eine spezifische elektrophysiologische Signatur zwischen 250 und 500 ms nach der Präsentation der Stimuli zur Folge hatte, während die Wahrnehmung derselben Sequenz als zwei distinkte Stimuli (ohne Rotation) mit einer erst ab 550 ms auftretenden und räumliche anders verteilten Signatur zusammenhing. Kraut (2022) fokussierte auf die spontane oszillatorische Hirnaktivität vor Präsentation der Stimuli und fand, dass die Phasenzustände im Alpha- und Beta-Frequenzband genutzt werden können, um vorherzusagen, ob zwei sequentiell präsentierte Stimuli zeitlich integriert (als ein Ereignis) oder segregiert (als zwei distinkte Ereignisse) wahrgenommen werden. Das Besondere an diesen Befunden ist, dass wir so zeigen konnten, dass elektrophysiologische Maße nicht nur reflektieren, ob bzw. wie gut ein Stimulus wahrgenommen wird, sondern auch welcher subjektive Wahrnehmungseindruck entsteht – also die Art und Weise wie ein Stimulus wahrgenommen wird.
Im geplanten Projekt untersuchen wir die Prozesse und neuronalen Grundlagen, die zu einer bewussten Wahrnehmung visueller Reize führen. Unser Ziel ist, die (frühesten) neuronalen Korrelate dieser Prozesse und der damit einhergehenden phänomenologisch erfassten Perzepte zu identifizieren. Dazu untersuchen wir verschiedene Maskierungsverfahren mit klassischer Psychophysik, Elektrophysiologie (Ereigniskorreliert Potentiale, Zeit-Frequenz-Analysen, MVPA) und einem neu entwickelten phänomenologisch-methodischen Ansatzes (Koster et al., 2020).
Bei weiteren inhaltlichen Fragen wenden Sie sich gerne an:
Thorsten Albrecht (thorsten.albrecht@biologie.uni-goettingen.de)
Ausgewählte relevante Publikationen: