Realitätsflucht in Entscheidungsprozessen: Von Groupthink zum Entscheidungsautismus
Realitätsflucht in Entscheidungsprozessen: Von Groupthink zum EntscheidungsautismusExperimentelle Untersuchungsergebnisse zu den Bedingungen der Realitätsflucht bei Entscheidungsprozessen in Kleingruppen werden dargestellt. Die Basis der drei Experimente bildet ein integratives Modell des Entscheidungsautismus, in dem Selbstbestätigungsprozesse und Fehlentscheidungen von Gruppen auf der Basis einer dissonanztheoretischen Analyse von kollektiver Kritiklosigkeit in Entscheidungsgremien (groupthink) beschrieben werden. In Experiment I, an dem 207 16- bis 20-jährige Gymnasiasten in Dreiergruppen beteiligt waren, wurde der Einfluss von Gruppenkohäsion und -homogenität auf den Entscheidungsautismus in Gruppen untersucht. In Experiment II wurde bei 231 16- bis 60-jährigen der Einfluss von natürlichen versus künstlichen Gruppenkonflikten auf den Entscheidungsautismus analysiert, und in Experiment III wurde bei 213 Oberstufenschülern den Effekten von Rechtfertigungsdruck auf den Entscheidungsautismus nachgegangen. Die Befunde beziehen sich auf (1) die Häufigkeit von Entscheidungsautismus in Kleingruppen und bei Individuen, (2) die Unabhängigkeit des Entscheidungsautismus von hoher sozio-emotionaler Gruppenkohäsion und deren Interaktion mit der Gruppenhomogenität, (3) die Abhängigkeit des Entscheidungsautismus von hoher Gruppenhomogenität, (4) die Reduzierbarkeit des Entscheidungsautismus durch die Einführung eines künstlichen Konflikts in der Gruppe (über die Einführung eines Teufelsanwalts) und (5) die Verstärkung des Entscheidungsautismus in Gruppen durch Rechtfertigungsdruck. Aus den Ergebnissen werden Möglichkeiten zur Prävention von und Intervention bei Entscheidungsautismus abgeleitet.https://www.psych.uni-goettingen.de/de/ecosop/publikationen/publications-folder/pub-schulz-hardt-1997bhttps://www.psych.uni-goettingen.de/@@site-logo/university-of-goettingen-logo.svg
and Stefan Schulz-Hardt (1997)
Realitätsflucht in Entscheidungsprozessen: Von Groupthink zum Entscheidungsautismus
Huber, , vol. (), . ed
Experimentelle Untersuchungsergebnisse zu den Bedingungen der Realitätsflucht bei Entscheidungsprozessen in Kleingruppen werden dargestellt. Die Basis der drei Experimente bildet ein integratives Modell des Entscheidungsautismus, in dem Selbstbestätigungsprozesse und Fehlentscheidungen von Gruppen auf der Basis einer dissonanztheoretischen Analyse von kollektiver Kritiklosigkeit in Entscheidungsgremien (groupthink) beschrieben werden. In Experiment I, an dem 207 16- bis 20-jährige Gymnasiasten in Dreiergruppen beteiligt waren, wurde der Einfluss von Gruppenkohäsion und -homogenität auf den Entscheidungsautismus in Gruppen untersucht. In Experiment II wurde bei 231 16- bis 60-jährigen der Einfluss von natürlichen versus künstlichen Gruppenkonflikten auf den Entscheidungsautismus analysiert, und in Experiment III wurde bei 213 Oberstufenschülern den Effekten von Rechtfertigungsdruck auf den Entscheidungsautismus nachgegangen. Die Befunde beziehen sich auf (1) die Häufigkeit von Entscheidungsautismus in Kleingruppen und bei Individuen, (2) die Unabhängigkeit des Entscheidungsautismus von hoher sozio-emotionaler Gruppenkohäsion und deren Interaktion mit der Gruppenhomogenität, (3) die Abhängigkeit des Entscheidungsautismus von hoher Gruppenhomogenität, (4) die Reduzierbarkeit des Entscheidungsautismus durch die Einführung eines künstlichen Konflikts in der Gruppe (über die Einführung eines Teufelsanwalts) und (5) die Verstärkung des Entscheidungsautismus in Gruppen durch Rechtfertigungsdruck. Aus den Ergebnissen werden Möglichkeiten zur Prävention von und Intervention bei Entscheidungsautismus abgeleitet.